Am 27.09.2022 fand in der Zeit von 9 bis 15 Uhr die 4. Fachkonferenz des Landeskompetenzzentrums Pflege & Digitalisierung Baden-Württemberg (PflegeDigital@BW) statt.
Nachdem die bisherigen Veranstaltungen von PflegeDigital@BW pandemiebedingt ausschließlich online als Videokonferenz möglich waren, konnten sich dieses Mal 120 Teilnehmende im Haus der Wirtschaft in Stuttgart in Präsenz zusammenfinden.
Der Titel der Fachkonferenz lautete „Einbindung der Langzeitpflege in die Telematikinfrastruktur“. Vorab hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, ihre Perspektive auf das Thema im Rahmen einer Online-Umfrage in die inhaltliche Gestaltung der Veranstaltung einfließen zu lassen.
Moderator Thomas Heine begrüßte am Veranstaltungstag zunächst die Teilnehmenden und führte in die Thematik ein. Anschließend hielt Dr. Angela Postel (Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg) ein Grußwort und betonte die große Bedeutung der Telematikinfrastruktur (TI) für die Einrichtungen der Langzeitpflege in Baden-Württemberg und verwies im Hinblick auf eine erfolgreiche Umsetzung des Prozesses auf die Gründung von PflegeDigital@BW als zentrale Anlauf-, Beratungs- und Vernetzungsstelle für Themen der Digitalisierung in der Langzeitpflege.
Im Anschluss hielten Jesse Berr und Thomas Heine (PflegeDigital@BW) einen Vortrag zu den Grundlagen und dem aktuellen Stand im Hinblick auf die Einbindung in die Telematikinfrastruktur. Themen, die dabei im Fokus standen, waren u. a. die gesetzlichen Grundlagen und Finanzierung, konkrete Anwendungsszenarien sowie die notwendigen technischen Komponenten.
In einer anschließenden Kaffee-Pause konnten sich die Teilnehmenden sich untereinander intensiv zu den Informationen austauschen. Darüber hinaus gab es die Möglichkeit, interaktiv an vorbereiteten Stellwänden zu arbeiten, bspw. zu den Themen: einrichtungsbezogener aktueller Stand bei der Einbindung oder auch geeignete Netzwerke, um das Thema akteursübergreifend gemeinsam voranzutreiben.
Im zweiten Block der Veranstaltung stand die Perspektive der weiteren Akteure des Gesundheitswesens im Fokus.
Tobias Binder (Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg) schilderte die Erfahrungen der Ärzteschaft im Zusammenhang mit der Einbindung in die Telematikinfrastruktur. Bis zu 96 % der Arztpraxen seien in Baden-Württemberg bereits in die Telematikinfrastruktur eingebunden und ca. 60 % der Praxen seien in der Lage, das E-Rezept zu nutzen.
Herr Binder berichtete zudem von dem aufwendigen Verfahren im Zuge des Austausches der Konnektoren aufgrund fehlender Sicherheitszertifikate. Die TI 2.0 solle zukünftig jedoch ohne Konnektor auskommen und vollständig cloudbasiert arbeiten. Bis dahin sei es aber noch ein längerer Weg.
Als wesentliche Erfolgskriterien für einen erfolgreichen Einsatz in der Praxis seien die ausreichende Erprobung sowie das fehlerfreie Funktionieren vor Einführung neuer Anwendungen. Darüber hinaus sei eine gute und transparente Kommunikation wichtig. Es sollte auch mehr mit Anreizen als Sanktionen gearbeitet werden.
Anschließend war ein Vortrag von Robert Schieber (Landesapothekerverband Baden-Württemberg) vorgesehen, der krankheitsbedingt kurzfristig entfallen musste. Herr Schieber hätte an dieser Stelle zu den Erfahrungen der Apotheken mit der Einbindung in die Telematikinfrastruktur berichtet und insbesondere zu den bisherigen Erfahrungen und Potenzialen des E-Rezeptes referiert.
Nach einer Mittagspause, in der das Netzwerken im Fokus stand, folgte der dritte Vortragsblock, in welchem die bisherigen Erfahrungen der Langzeitpflege im Rahmen des Modellprogramms gemäß § 125 SGB XI Thema waren.
Für den ersten Vortrag wurde Dr. Eckart Schnabel (GKV Spitzenverband) digital aus Berlin zugeschaltet. Zunächst erklärte Dr. Schnabel den Aufbau und Zweck des bundesweiten Modellprogramms zur Einbindung der Pflege in die Telematikinfrastruktur. Im Rahmen des Modellprogramms werden zwei Projekttypen gefördert: Projekttyp A, wo zunächst die Anwendung von KIM (Kommunikation im Medizinwesen) getestet wird und Projekttyp B, in dessen Rahmen insbesondere die sektorenübergreifende Kommunikation verbessert werden soll. Baden-Württemberg stehe mit 14 teilnehmenden Einrichtungen am Modellprogramm bundesweit mit an der Spitze.
Die Projekte des Typ A seien bereits im Mai 2021 gestartet und der technische Part der Einbindung größtenteils abgeschlossen. Eine Herausforderung sei aktuell die Implementation von KIM in die bestehenden Prozesse sowie die Suche nach Partnern für die Kommunikation über KIM. Bei der Einbindung der Pflege in die Telematikinfrastruktur sei eine intensive Prozessbegleitung notwendig, z. B. zu technischen Fragen oder der Softwareintegration. Erste Erkenntnisse legen nahe, dass für eine erfolgreiche Einbindung ein kompetentes, interdisziplinär aufgestelltes Projektmanagement innerhalb der Einrichtungen erforderlich sei.
Im zweiten Vortrag zum Modellprogramm stellten Bruno Ristok (C & S Computer und Software GmbH) und Marius Greuèl (Pflegewerk Berlin) das Projekt vom Typ B „ ITiV“ (Implementierung der Telematikinfrastruktur gem. § 125 SGB XI in einem regionalen Versorgungsnetz der ambulanten und stationären Pflege in Berlin Nord-Ost) vor.
In dem im April 2022 gestarteten Projekt wurde gemeinsam mit u. a. zwei Kliniken, einem Medizinischen Versorgungszentrum, Fach- und Hausärzten sowie ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen ein lokales Versorgungsnetzwerk gegründet. In diesem Netzwerk werden nun verschiedene Anwendungen der Telematikinfrastruktur umgesetzt, um die intersektorale Kommunikation zu verbessern. Neben der zentralen Anwendung KIM sollen auch das PIO (Pflegerisches Informationsobjekt) Überleitungsbogen sowie ein digitaler Versorgungsplan zum Einsatz kommen.
Im letzten Block der Fachkonferenz folgte eine Podiumsdiskussion mit Vertretenden aus Politik und Verwaltung sowie vonseiten der Leistungserbringer und Kostenträger.
Das Podium war wie folgt besetzt:
- Harry Schmidt (Baden-Württembergische Krankenhausgesellschaft)
- Nadia Mussa (Techniker Krankenkasse Landesvertretung Baden-Württemberg)
- Gabriele Hönes (Liga der freien Wohlfahrtspflege Baden-Württemberg)
- Matthias Fuhrer (AOK Baden-Württemberg)
- Daniel Werthwein (Landkreistag Baden-Würrtemberg)
- Dr. Angela Postel (Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg)
Unter den Diskutierenden herrschte die einhellige Meinung, dass mit der Einbindung der Langzeitpflege in die Telematikinfrastruktur große Potenziale verbunden sind. Vor dem Hintergrund der im Laufe der Fachkonferenz identifizierten Herausforderungen stellte sich jedoch die Frage, wie dieser Prozess in Baden-Württemberg bestmöglich begleitet werden könne.
Hier wurde von den Diskutierenden die Erwartung an das Landekompetenzzentrum Pflege & Digitalisierung Baden-Württemberg formuliert, diesen Prozess zu koordinieren und zu begleiten.
Die Angebote der Podiumsteilnehmenden, sich mit eigenen Ressourcen für das Ziel eines Gelingens dieses Vorhabens zu beteiligen, wurden dankend aufgenommen. Denn im Verlauf der Diskussion wurde klar, dass man die große Anzahl an Pflegeeinrichtungen im Land nur durch ein gemeinsames Agieren erreichen und unterstützen können wird.
In der Folge der Fachkonferenz wird nun eine Steuerungsgruppe bestehend aus den relevanten Akteuren gegründet, um zukünftige Aktionen und das weitere Vorgehen gemeinsam abzustimmen. Den Rahmen wird das TI-Beratungskonzept von PflegeDigital@BW bilden.
Über die Kommunikationskanäle von PflegeDigital@BW (Webseite, Newsletter) werden wir Sie hier regelmäßig über neue Entwicklungen informieren.
Wir danken allen Teilnehmenden für ihr Kommen, die rege Beteiligung und die vielen spannenden Gespräche.
Wir freuen uns, wenn Sie auch bei unserer nächsten Fachkonferenz wieder mit dabei sind.
Ihr Team von PflegeDigital@BW
Präsentationen der Referierenden
Freundlicherweise werden uns von den Referierenden einige Präsentationen im Nachgang zur Verfügung gestellt. Bislang sind die nachfolgenden Präsentationen verfügbar:
Einführungsvortrag Telematikinfrastruktur von Jesse Berr und Thomas Heine (PflegeDigital@BW)
https://www.pflegedigital-bw.de/de/download/einfuehrungsvortrag-telematikinfrastruktur-berr-heine/
Stand der Einbindung in die Telematikinfrastruktur aus Sicht der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg von Tobias Binder (KVBW)
Projekt ITiV (Implementierung der Telematikinfrastruktur gem. § 125 SGB XI in einem regionalen Versorgungsnetz der ambulanten und stationären Pflege in Berlin Nord-Ost) von Bruno Ristok (C&S Computer und Software GmbH) und Marius Greuèl (Pflegewerk Berlin GmbH)