Am 13.12.2021 fand in der Zeit von 09 – 12 Uhr die Fachkonferenz des Landeskompetenzzentrums Pflege & Digitalisierung Baden-Württemberg (PflegeDigital@BW) statt.

Insgesamt 118 Teilnehmende besuchten die Online-Veranstaltung mit dem Titel: „Einrichtungen der Langzeitpflege in der Corona-Pandemie. Arbeitswelt und Lebenswelt im digitalen Einklang“. Während der Fachkonferenz wurde das Gesprochene von zwei Gebärdendolmetscherinnen simultanübersetzt, sodass auch Gehörgeschädigte an der Veranstaltung teilnehmen konnten.

Zu Beginn eröffnete Prof. Dr. Daniel Buhr, Leiter des Steinbeis-Transferzentrums Soziale und Technische Innovation, die Veranstaltung und führte in die Thematik ein. Anschließend sprach Maria Diop, stellvertretende Leiterin der Abteilung 3, Soziales des Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Integration, ein Grußwort und skizzierte die Herausforderungen, vor denen das Land im Bereich der Langzeitpflege steht. Darüber hinaus gab sie eine Übersicht über die vielfältigen Aktivitäten des Ministeriums, zur Förderung digitaler Lösungen, welche sowohl die Teilhabe der Pflegebedürftigen als auch die pflegerische Versorgungsqualität verbessern sollen.

Im Anschluss stellte Jesse Berr das Landeskompetenzzentrum Pflege & Digitalisierung vor. In vier verschiedenen Geschäftsfeldern bearbeitet hier ein interdisziplinäres Team Fragen zum Thema der Digitalisierung in der Langzeitpflege. Zu den Schwerpunkten gehören dabei der Aufbau und Betrieb von Innovationsinfrastrukturen, die Beratung von Akteuren der Langzeitpflege, die Entwicklung von Schulungskonzepten und das Schaffen von Netzwerken.

Im ersten Block zum Thema Arbeitswelt, den Kirsten Heiland (PflegeDigital@BW) moderierte, stellten Prof. Dr. Astrid Elsbernd und Lisa Heidecker von der Hochschule Esslingen ausgewählte Ergebnisse aus der „Studie zur aktuellen Lage in Einrichtungen der stationären und ambulanten Langzeitpflege in Baden-Württemberg während der Corona-Pandemie“ vor. Bei der Betrachtung der Arbeitsprozesse zeigte sich demnach, dass während der Pandemie eine zunehmende Digitalisierung zu verzeichnen war. So nutzten Führungskräfte verstärkt Videokonferenzen zur internen Kommunikation bspw. bei Dienstbesprechungen, aber auch für den Austausch mit anderen Einrichtungen. Es sei jedoch zu betonen, dass die digitale Infrastruktur in diesem Zusammenhang nach wie vor eine große Hürde darstelle. Die Studie bekräftigte den Eindruck, dass die Ausstattung mit digitaler Hardware und Software in der Langzeitpflege bislang unzureichend sei. Darüber hinaus sollte Bürokratie abgebaut werden, insbesondere im Zusammenhang mit der digitalen Pflegedokumentation und Schnittstellen zu anderen Akteuren, wie z. B. medizinischem Personal verbessert werden.

Die wissenschaftlichen Ausführungen wurden von Johannes Sipple, Geschäftsführer der Sozialstation Esslingen durch einen Impuls aus der Praxis ergänzt. Herr Sipple schilderte anschaulich die Möglichkeiten, die sich durch die Digitalisierung in seiner Einrichtung ergeben hatten. Als Beispiele führte er u. a. die Digitalisierung des Bestellsystems des fahrbaren Mittagstisches an, digitale Fortbildungsveranstaltungen und insbesondere die Erleichterungen im Zuge einer digitalen Abrechnung mit den Leistungsträgern auf der Grundlage eines digitalen Leistungsnachweises.

Der Punkt der Abrechnung bewegte auch andere Einrichtungen aus dem Plenum und es entwickelte sich eine spannende Diskussion, in die sich auch eine Krankenkasse als Leistungsträger einschaltete. Grundsätzlich zeigte sich, dass wichtige Fragen und Voraussetzungen, wie z. B. zur Rechtssicherheit digitaler Unterschriften auf höchster politischer Ebene geklärt werden müssten. Eine Vernetzung der Akteure würde aber helfen, hier den Druck auf Entscheidungsträger zu erhöhen.

Im zweiten Block der Veranstaltung wurde der Fokus auf die Lebenswelt der Pflegebedürftigen gerichtet. In Ihren Ausführungen stellten Prof. Dr. Astrid Elsbernd und Lisa Heidecker zunächst fest, dass dieser Bereich bereits vor der Pandemie „unterdigitalisiert“ gewesen sei.

Hemmnisse seien in diesem Zusammenhang einerseits teilweise gering ausgeprägte Digitalkompetenzen bei den Pflegebedürftigen aber auch unzureichende WLAN-Abdeckung in den Einrichtungen sowie fehlende geeignete Endgeräte für die Zielgruppe.

Die pandemiebedingten Isolationsmaßnahmen in den Einrichtungen der Langzeitpflege gingen mit großen Belastungen für die Pflegebedürftigen einher. In diesem Zusammenhang hatte das Thema der sozialen Teilhabe eine große Bedeutung. In der Praxis gewannen digitale Kommunikationsangebote wie Videokonferenzen eine zunehmende Verbreitung und wiesen eine gute Akzeptanz bei den Pflegebedürftigen auf.

Zukünftig sollten mehr Räume und Gelegenheiten entstehen, bei denen pflegebedürftige Menschen digital mit anderen in Kontakt treten können. Hier ist zum einen die Kommunikation mit Pflegekräften und Angehörigen gemeint, aber auch der Zugang zu (pandemiebezogenen) Informationen sowie eine Vernetzung mit dem Quartier und Sozialraum. Idealerweise werden die Betroffenen im Sinne einer gemeinsamen Entwicklung solcher Angebote frühzeitig mit einbezogen.

In der abschließenden, von Prof. Dr. Daniel Buhr moderierten Diskussion gab es weitere wichtige Impulse und Perspektiven aus der Praxis. So schilderte eine Seelsorgerin aus ihrem Arbeitsalltag in Zeiten der Pandemie und betonte hier die Potenziale digitaler Kommunikationsmöglichkeiten für die soziale Teilhabe, warnte aber auch davor, den direkten menschlichen Kontakt zu vernachlässigen und „sich hinter Bildschirmen zu verstecken“. Aus der klinischen Praxis kam Hinweis, dass der Einsatz von Videotelefonie bei Menschen mit Demenzerkrankungen eine enge personelle Begleitung bedingt, um Situationen der Überforderung zu vermeiden.

Darüber hinaus gab es mehrere Hinweise auf interessante Projekte und Angebote. So verwies die Alzheimer-Gesellschaft auf eine digitale Betreuungsgruppe für Menschen mit Demenz. Weiterhin wurden die ehrenamtlichen Digitalmentoren aus Oberschwaben erwähnt sowie ein Online-Schulungsangebot zum Thema Altersdepressionen vorgestellt.

Nähere Informationen zu diesen Angeboten erhalten Sie auf den nachfolgend verlinkten Webseiten:

https://www.awo-karlsruhe.de/wp-content/uploads/2021/07/PM-Digitales-Cafe-mit-Herz_BNN.pdf

www.deutsche-depressionshilfe.de/online-schulung-altersdepression

Das Team von PflegeDigital@BW dankt allen Referent*innen, Gebärdendolmetscher*innen, Diskutant*innen und an der Organisation beteiligten Personen für die sehr interessante Veranstaltung. Wir freuen uns Sie auch wieder bei unserer nächsten Fachkonferenz am 13.04.2022 zum Thema Aus-, Fort- und Weiterbildung begrüßen zu dürfen.