Am 13.04.2022 fand in der Zeit von 9 bis 13 Uhr die 3. Fachkonferenz des Landeskompetenzzentrums Pflege & Digitalisierung Baden-Württemberg (PflegeDigital@BW) statt.

Mehr als hundert Teilnehmende verfolgten gleichzeitig die Online-Veranstaltung mit dem Titel: „Digitale Kompetenzen für die Pflege – Konzepte für die Aus- und Weiterbildung“. Während der Fachkonferenz wurde das Gesprochene von zwei Gebärdendolmetschenden simultanübersetzt, so dass auch Menschen mit Hörschädigung an der Veranstaltung teilnehmen konnten.

Zu Beginn eröffnete Prof. Dr. Daniel Buhr, Leiter des Steinbeis-Transferzentrums Soziale und Technische Innovation, gemeinsam mit Kirsten Heiland von PflegeDigital@BW die Veranstaltung und führte in die Thematik ein.

Anschließend sprach Manne Lucha, Minister für Soziales, Gesundheit und Integration in Baden-Württemberg ein Grußwort. Dabei unterstrich er die Bedeutung von Einrichtungen wie des LebensPhasenHauses und PflegeDigital@BW für eine erfolgreiche digitale Transformation in der Langzeitpflege. Der Minister betonte zudem die großen Potenziale, die digitale Assistenztechnologien z. B. bei der Entlastung von Pflegenden durch eine bessere Vernetzung und Kommunikation bieten würden. Er forderte aber auch, dass sich die Gestaltung und der Einsatz von Technik stets an den individuellen Bedürfnissen des pflegebedürftigen Menschen ausrichten müsse. Weiterhin müssten Themen wie eine angemessene Entlohnung der Pflegekräfte sowie der Einbezug des Quartiers in Sorge- und Pflegeaufgaben stärker diskutiert werden.

Im Anschluss beantwortete Minister Lucha noch einige Fragen, die von der Altenpflegefachkraft und Gesundheitswissenschaftlerin Lisa-Maria Rehe gestellt wurden. Auf die Frage nach den sich im Zuge der Digitalisierung verändernden Anforderungen und Kompetenzen von Pflegenden führte der Minister aus, dass Pflegende verstärkt befähigt werden müssten, sowohl mit entsprechender Hardware als auch mit Software umgehen zu können. Seitens der Politik müsse in diesem Zusammenhang der Weg der Entbürokratisierung und Verschlankung von Pflegedokumentationen weitergegangen werden.

Der erste Vortragsblock thematisierte „Praxiserfahrungen“. Simone Maier und Monika Volaric von der Evangelischen Heimstiftung sprachen im Rahmen des Vortrags „Erfahrungen mit der Einführung neuer Technologien und Konsequenzen für die Personalentwicklung“ über die Einführung und den Einsatz der App „Lindera“ in einer stationären Pflegeeinrichtung zum Zweck der digitalen Mobilitätsanalyse. Der Einsatz der Technologie wurde sowohl von Pflegebedürftigen als auch von Pflegekräften positiv aufgenommen und führte zu einem besseren Bewusstsein für das Thema Sturz sowie einer Senkung des Sturzrisikos. Gleichzeitig stellte die Einführung von „Lindera“ besondere Anforderungen an die Pflegekräfte im Hinblick auf die Digitalkompetenzen. Diese gingen dabei über die einfache Anwendung der App hinaus, da die Pflegebedürftigen ausführlich zu den Hintergründen, der Durchführung, der Interpretation der Ergebnisse sowie den abgeleiteten Handlungsempfehlungen beraten werden mussten, was eine intensive Schulung der Anwendenden erforderlich machte. Wesentlich waren in diesem Zusammenhang klar definierte Ansprechpersonen bspw. bei technischen Schwierigkeiten sowie das Schaffen einer positiven Fehlerkultur im Zusammenhang mit dem Einsatz der Technologie.

Der zweite Vortragsblock adressierte das Thema „Qualifizierung“. Die Projektleiterin Anne Röhrig  von der k.o.s. GmbH aus Berlin stellte die Zusatzqualifizierung „Pflege 4.0“ vor, die im Rahmen der Initiative „Pflege 4.0 – Made in Berlin“ entwickelt wurde. Das Angebot richtet sich an Beschäftigte von ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen sowie Beratenden zu Pflege und Alter. Ziel ist die Entwicklung von Kompetenzen zur Gestaltung des digitalen Wandels in der Pflege mit einem engen Praxisbezug. Die Qualifizierung ist als „Social Blended Learning“-Format konzipiert, das Präsenz- sowie Onlinephasen unter Verwendung der Plattform „Moodle“ vorsieht. In diesem Rahmen werden den Teilnehmenden sowohl Personale Kompetenzen als auch Fachliche Kompetenzen z. B. zu Technologien, Daten und Prozessen vermittelt. Die Landesförderung für das Projekt läuft noch bis Ende 2022. Aktuell werden Transferschulungen durchgeführt, um Einrichtungen zu befähigen die Qualifizierung in eigene Schulungsprogramme zu übertragen.

Im Nachgang fand ein intensiver Austausch zu Qualifizierungsbedarfen im Bereich Digitalkompetenzen sowie Erwartungen an entsprechende Angebote durch PflegeDigital@BW  in verschiedenen Breakout-Rooms (Praxis, Ausbildung, Führung) statt. Unter den Praktiker*innen wurde hier insbesondere diskutiert, dass zunächst ein gemeinsames Verständnis des komplexen Begriffes der Digitalisierung erarbeitet werden muss. Darüber hinaus würden die Kompetenzanforderungen an Pflegende über die Anwendungskompetenz hinaus gehen, da z. B. künftig auch die Anleitung und Einweisung von Pflegebedürftigen bei der Nutzung von Digitalen Pflegeanwendungen zu den Aufgaben von Pflegenden gehören könnten.

Im Breakout-Room „Führung“ wurde diskutiert, dass die Digitalisierung in der Pflege mit veränderten Anforderungen an Führungskräfte sowie einer besonderen Verantwortung einhergeht. Digitalisierung bedeute hier nicht nur die reine Datenerfassung, sondern erfordere eine umfassende Anpassung bzw. Erneuerung der betreffenden Prozesse. Gute Führung bedinge dabei eine fundierte Ausbildung, fortwährende Reflexion und Coaching sowie einen engen Austausch mit den Mitarbeitenden.

Im Breakout-Room „Ausbildung“ stand die Frage im Zentrum, wie die Vermittlung der notwendigen Digitalkompetenzen im Rahmen der Ausbildung durch die Pflegeschulen umgesetzt werden kann. Einigkeit bestand darin, dass entsprechende Ausbildungsinhalte künftig noch stärker in den Curricula verankert werden müssen. Die Teilnehmenden sahen darüber hinaus einen großen Fortbildungsbedarf für die Pflegepraxis. Hier sollten sowohl für Pflegefachpersonen als auch für die weiteren Berufsgruppen im Pflegebereich passgenaue Angebote entstehen.

Der dritte Vortragsblock hatte zukunftsweisende Konzepte für die Aus- und Fortbildung zum Thema. Prof. Dr. Peter König von der Hochschule Furtwangen stellte das Gemeinschaftsprojekt „xR Skills Lab“ vor und referierte zu Mixed Reality Ansätzen zum Skills-Training in gesundheitsbezogenen Studiengängen. Am Beispiel des endotrachealen Absaugens wurde der Lernerfolg nach Einsatz von Virtual Reality (VR) Anwendungen mit einer Kontrollgruppe verglichen, die mit einem klassischen Lehrvideo geschult wurde. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigten, dass VR im Wissenstest so gut wie die Schulung mit Lehrvideo abschnitt, der OSCE-Lernerfolg an der Puppe jedoch geringer ausfiel. Darüber hinaus konnte im Zusammenhang mit dem Einsatz von VR mit die höchste Lernzufriedenheit gemessen werden. Der Einsatz von VR in der pflegerischen Ausbildung hat demnach Potenzial. Gleichwohl bestehen für einen flächendeckenden Praxistransfer weiterhin einige Herausforderungen z. B. in Bezug auf Unsicherheit und Überforderung bei den Technikanwendenden oder besondere Phänomene wie Cybersickness.

Im Schlussvortrag der Veranstaltung stellte Zahnarzt Dr. Elmar Ludwig die im Rahmen eines Projektes mit der Hochschule Neu-Ulm entwickelte internetbasierte Informations- und Schulungsplattform „mund-pflege“ vor. Die Plattform umfasst eine große Zahl an Bildbeispielen zum Zahnstatus pflegebedürftiger Menschen. Ziel ist es, Pflegenden ein Basiswissen zur Mundgesundheit zu vermitteln und sie zur Einschätzung zu befähigen, in welchen Situationen ein Zahnarzt konsultiert werden muss und wann es sich z. B. lediglich um eine harmlose Verfärbung eines Zahnes handelt. Darüber hinaus bietet die Plattform verschiedene kommentierte Lehrvideos, welche praxisnah die Mundpflege bei pflegebedürftigen Menschen gemäß des neuen Expertenstandards zur Mundgesundheit demonstrieren.

Zum Ende der Veranstaltung moderierte Kirsten Heiland eine Diskussion, bei der die Ergebnisse aus den verschiedenen Breakout-Rooms zusammengeführt wurden. Abschließend resümierte Prof. Dr. Daniel Buhr die Fachkonferenz und gab einen Ausblick auf die künftigen Herausforderungen und Entwicklungen sowie die entsprechenden Aktivitäten und geplanten Angebote des Landeskompetenzzentrums.

Wir möchten uns herzlich bei allen Referierenden und Teilnehmenden für die spannende Veranstaltung und Diskussionen bedanken und freuen uns, wenn wir Sie bei unserer nächsten Fachkonferenz am 27.09.2022 wieder begrüßen dürfen.

Ihr Team von PflegeDigital@BW