Übersicht
Grußwort Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg
Barbara Zeller, stellvertretende Referatsleiterin des Referats 33, „Pflege“, eröffnete den Fachtag und berichtete über die Auswirkungen des demographischen Wandels und die damit verbundenen Herausforderungen für die Pflege. Dabei machte sie auf die Digitalisierung, als ein fester Bestandteil unseres Lebens und deren Unterstützungsmöglichkeiten, aufmerksam.
Die Moderation des Tages sowie der Impulse übernahm Thomas Heine vom Team des Landeskompetenzzentrums Pflege und Digitalisierung Baden-Württemberg. Zunächst stellte er die Agenda für den Fachtag vor und leitete die folgenden Beiträge der Referierenden anhand von statistischen Zahlen ein.
Impulse aus der Praxis
Interview – Bauen, Digitalisierung und Pflege – Wie geht das zusammen?
Thomas Heine führte ein Interview mit Herrn Henning Volpp, Geschäftsführer Gesellschaft für Soziales Planen (GSP) über den Einfluss von Digitalisierung auf die Projektentwicklung und des Bauens. Die Diskussion lenkte den Fokus weiter auf die Digitalisierung und die Frage, welche Vorteile sie bietet. Volpp stellte die Gegenfrage: „Sind wir überhaupt schon so weit, dass wir das beantworten können?“ Er betonte, dass Technik und Planung möglicherweise getrennt betrachtet werden sollten. Ein weiterer Diskussionspunkt war das häufige Auftreten von Problemen an Schnittstellen zwischen Gewerken. Henning Volpp berichtete über die möglichen Vorteile und Herausforderungen, die sich bei der Berücksichtigung der Digitalisierung im Bauen ergeben. Als eine Hürde wurde hierbei die Anpassung der Technologien auf die unterschiedlichen Bedarfe der Menschen benannt. Die Schwierigkeit der Interoperabilität benannte Volpp als eine weitere Herausforderung. Zudem erhielten die Zuhörerenden einen Ausblick auf die Zukunftsvision in Bezug auf die Anwendbarkeit der Technik. Hierbei sollte die Nutzerendenperspektive im Vordergrund bevorstehender Bauvorhaben in Bezug auf die Digitalisierung stehen. Sein Fazit: Moderne Planung benötigt viel Input von verschiedenen Akteuren. Dies wirft die Frage auf, wer die Aufgabe übernimmt, alle Informationen zu koordinieren. Wenn dieser Prozess gut funktioniert, entstehen wertvolle Synergien. Klar wird: Die Zielanwendung muss im Fokus stehen. Aus dem Publikum kommt der Impuls des Perspektivwechsels: Diejenigen, die an der Planung und Entwicklung beteiligt sind, müssen die späteren Nutzenden besser kennenlernen und ein Gefühl für die Anwendbarkeit der Techniken entwickeln.
Keynote – Neue Wohnformen und digitales Bauen – Herausforderungen an einem Praxisbeispiel
Britta Noppen (Geschäftsführerin – Diakonie Michaelshoven Domus GmbH) führte ihre Organisation ein und nahm die Zuhörende mit in den Planungs- und Entwicklungsprozess eines neuen Gebäudes. Auch hier wurden die Schnittstellen als mögliche Herausforderung bei der Umsetzung der Digitalisierung benannt. Sie betonte die Notwendigkeit, mehrere Akteure frühzeitig in den gesamten Prozess einzubinden und sowohl die Perspektive der Planenden als auch die der Nutzenden miteinzubeziehen. Als Grundbaustein einer gelingenden Kommunikation sind längere, aber auch inhaltsreichere Diskussionen notwendig. Um die Beteiligung zu strukturieren, empfahl sie Formate wie das „World Café“ als Methode, um die Bedarfe der Kundinnen und Mitarbeitende zu definieren. Mit gut geschulten Moderatorinnen kann die Kommunikation hierbei erleichtert werden. Frau Noppen hob außerdem praktische Herausforderungen hervor, wie etwa die Planung von W-LAN-Netzen und deren Kabelinfrastruktur sowie die Kosten für digitale Technik wie Türschilder und Access-Points, die Mehrkosten pro Bett und Monat verursachen können. Abschließend stellte sie ihre „Bausteine zum Erfolg“ vor. Unter anderem riet sie, mit bewährten Standards zu arbeiten und diese bedarfsgerecht anzupassen sowie Spezialisten frühzeitig in die Planung miteinzubinden.
Digitaler Impuls – Das neue Pflegekompetenzgesetz und die gemeinschaftlichen Wohnformen
Maria Becker als Leiterin der Unterabteilung 42 „Pflegestärkung“ des Bundesministeriums für Gesundheit, war digital zugeschaltet und gab einen Einblick in das Pflegekompetenzgesetz und darüber, wie neue Wohnformen zur Sicherstellung der Versorgungsstrukturen beitragen können.
Podiumsdiskussion (Um)Bauen für die Zukunft – Digitalisierung für die Pflege
Nach den spannenden Impulsen und die Möglichkeit, sich über die vorherigen Themen auszutauschen, folgte eine gemeinsame Gesprächsrunde mit Henning Volpp, Britta Noppen sowie den Impulsgebenden aus den nachfolgenden Workshops. Die Moderation übernahm Prof. Dr. Daniel Buhr, der gemeinsam mit Prof. Dr. Udo Weimar das Landeskompetenzzentrums Pflege und Digitalisierung Baden-Württemberg leitet.
Die Teilnehmenden berichteten über ihre Erfahrungen zum Thema Digitalisierung in der Pflege sowie neuer Wohnformen und waren sich in einem Punkt einig. In die Digitalisierung zu investieren, lohnt sich.
Bezogen auf die Sicherstellung der zukünftigen Versorgung, hob Barkow noch einmal hervor, dass alle Wohnformen sowohl Vor- als auch Nachteile aufweisen und eben diese auch ihre Berechtigung haben. Exemplarisch wurde hier die Wohnform „Stambulant“ benannt, bei der Teilhabe und Empowerment durch ein sogenanntes „Mitmachwohnen“ der Bewohnenden im Vordergrund stehen.
Engelhard betonte in dem Kontext die Notwendigkeit der Betreuungs- und Unterstützungsstrukturen in der eigenen Gemeinde und somit eine Möglichkeit, mittels lokale Betreuungsgemeinschaften Versorgungslücken zu schließen. Hierbei könnten digitale Anwendungen ergänzend als Hoffnung für die Versorgung und als ein hilfreiches Instrument zur Kommunikation und Aktivierung dienen.
Workshop A – Zukunftssicherheit – Neue Wohnformen und (digitale) Versorgungsszenarien
In ihrem Workshop präsentierte Frau Ingrid Engelhart (SPES – Zukunftsmodelle für Menschen und Lebensräume Baden-Württemberg) verschiedene Zukunftsmodelle für kommunales Handeln.
Im Rahmen des Workshops wurden u.a. zwei Ansätze für generationenübergreifende Unterstützung im Sozialraum präsentiert. Hierbei handelte es sich um die „Zeitbank Plus“ sowie das Projekt „Hilfe von Haus zu Haus“ der Katholischen Landfrauenbewegung.
Anhand der Bürgergemeinschaft Eichstetten e.V. veranschaulichte sie, wie sich ein Dorf in Eigenverantwortung den Herausforderungen im ländlichen Sozialraum stellt. Der Verein hat Strukturen zur Unterstützung hilfebedürftiger Bürgerinnen und Bürger aufgebaut, darunter Nachbarschaftshilfe, Wohnen mit Service, Tagespflege, Kernzeitbetreuung und eine ambulant betreute Wohngemeinschaft. In der ambulant betreuten Wohngemeinschaft sorgen Alltagsbegleitende, bürgerschaftlich engagierte Personen, Angehörige und Fachkräfte der Sozialstation im Hilfemix in geteilter Verantwortung für die Bewohnenden der Pflegewohngruppe. Im Anschluss an den Vortrag wurde in einer lebhaften Diskussion erörtert, welche Chancen und Herausforderungen die vorgestellten Angebote mit sich bringen. Darüber hinaus wurden technische Anwendungen vorgestellt, die in neuen Wohnformen die Sicherheit der Bewohnerinnen erhöhen oder deren soziale Teilhabe ermöglichen können.
Workshop B – Digitalisierung, Nachhaltiges Bauen und soziale Immobilien: Herausforderungen in Bezug auf “Umwelt, Soziales und Unternehmensführung” (ESG)
Im Workshop B stellte Johannes Reinsch von der Evangelischen Bank – Sustainable Real Estate (EB-SRE) die künftigen Entwicklungen der durch die Regularien der EU zum Thema „Green Deal“ und EU-Taxonomy vor.
Die EU hat beschlossen, dass die aus fossilen Brennstoffen emittierten Treibhausgase bis 2050 auf null abgesenkt werden sollen. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden verschiedene Instrumente entwickelt. Johannes Reinsch berichtete im Workshop vor allem über die Auswirkungen der ab nächstem Jahr in Kraft tretenden Berichterstattungsrichtlinien (CSRD und SFDR). Kurz gesprochen bedeuten dies, dass größere Unternehmen sich zu den Themen des ESG (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) umfangreicher positionieren und dahingehend Strategien entwickeln müssen, wie sie diese Herausforderungen angehen wollen. Nach der Berichtserstattung werden die Unternehmen anhand ihrer ESG-Kriterien bewertet. Schlechte Bewertungen im ESG-Bereich können zu Strafen führen. Die erste Branche die von der Berichtserstattung betroffen sein wird, ist die Finanzbranche und somit auch die Banken.
Herr Reinsch verdeutlichte dies anhand des Beispiels der CRREM Methodik. Für die Bank bedeutet eine energetisch unsanierte Immobilie ein erhöhtes Risiko, wenn die Immobilie mehr CO2 als der Zielwert emittiert. Der Zielwert wird linear bis zum Jahr 2050 auf Null absinken. Ab einen Punkt in der Zukunft, wenn die Immobilie zu viel CO2 emittiert, wird die Immobilie unwirtschaftlich (stranded asset). Für die Bank bedeuten diese unsanierten Immobilien ein erhöhtes Risiko. Banken werden für diese Immobilien dann keine oder nur teure Kredite vergeben.
Die EB bietet ein in Entwicklung befindliches Werkzeug an, welches auf einfache Weise die Bewertung der eigenen Immobilie erlaubt. Die Bank muss diese energetische Bewertung für Ihre Berichtserstattung in jedem Fall erheben. Als gut greifbares Beispiel für die Wirtschaftlichkeit hat Herr Reinsch drei verschiedene Szenarien von Betriebskosten über 10 Jahre berechnet. Von 55€/tCO2 (DE in 2025) bis zu 130t/CO2 (etwa Schweiz in 2024). Dabei ergibt sich der wirtschaftliche Vorteil von Sanierungen bereits jetzt. Wenn energetische Sanierungen verzögert werden, geraten die Immobilien zunehmend in Schieflage und können so zu stranded assets werden. Ausserdem wird eine Menge Geld verschwendet.
Workshop C – Bauliche Notwendigkeit bei der Digitalisierung in der Versorgung – Beispiele aus der Praxis
Im Workshop C mit dem Titel „Bauliche Notwendigkeit bei der Digitalisierung in der Versorgung – Beispiele aus der Praxis“ konnten sich die Teilnehmenden zusammen mit unserem Referenten Michael Barkow von der BeneVit Gruppe dem Thema nähern.
Herr Barkow schöpfte aus seiner reichhaltigen und langjährigen Erfahrung und brachte praxisnahe Beispiele in die Diskussion ein. Aus den Diskussionen der beiden Sessions des Workshops konnten einige zentrale Schlüsselmomente und -aspekte des Themas herausgefiltert werden. Die Abschlussfrage des Inputvortrags lieferte in diesem Sinne die Leitfrage für die folgenden Diskussionen der beiden Sessions mit den verschiedenen Teilnehmenden. „Was wird zukünftig bei (Um)Baumaßnahmen zu beachten sein?“ Wichtig und durch viele der Diskussionsbeiträge betont, ist die Beachtung von Schritten innerhalb und außerhalb von Prozessen, die einen direkten Impact auf Digitalisierungsmaßnahmen haben. Hierbei nahmen die zentralen Aspekte:
- Zeitliche Ressourcen,
- die Akzeptanz von Veränderungen und Technik,
- die Zielformulierung und das gezielte Handeln
- Umsetzung
eine tragende Rolle ein. Begleitend hier sind dann natürlich die Themen Infrastruktur und individuelle Bedarfe, als auch die Frage der technischen Lösungsmöglichkeiten. In dem Kontext wurden sowohl der Einsatz von Sensorik, als auch Sensorik das spezifischere Thema Robotik benannt. Das Ganze steht unter dem zentralen Fokus: Für wen tun wir dies? – Die Frage nach den Menschen.
Nicht zuletzt – und auch dies schien durch viele der Beiträge durch – wurde auch das Thema Scheitern und Weitermachen betont. Das Ausprobieren, das Scheitern und das (sinnstiftende!) mit einbeziehen unmittelbar betroffener Menschen – als einen lernenden und erfolgreichen Prozess zu betrachten – nicht zu vergessen, um das Ziel für Alle gewinnbringende Implementierungen neuer Möglichkeiten und Chancen umzusetzen.